Sunday, November 19, 2006

Bericht vom Gay Pride in Jerusalem

>ja ja, hat ganz schön lang gedauert aber ich hab halt auch anderes zeux zu tun<

also ich hab ja schon einiges geschrieben wie die Situation vor dem Gay Pride in Jerusalem aussah.
empfehlen kann ich euch dazu noch das Video von der Tagesschau:

http://www.tagesschau.de/video/0,1315,OID6094688_RESms120_PLYinternal_NAV_BAB,00.html

so jetzt aber zu meinen Erlebnissen:



Da es am Vortag zum Gay Pride von Yad Vashem und ASF Veranstaltungen zu den Pogromen am 9. November 1938 gab kamen fast alle Freiwillige, die übers Land verstreut sind, nach Jerusalem und blieben dann auch noch um am nächsten Tag den Gay Pride zu unterstützen.
Die Situation hatte schon etwas skurriles. Alle waren sehr angespannt und verfolgten jede neue Nachricht im Netz. Irgendwann Abends war dann klar das es keine Demonstration geben wird da diese aus Sicherheitsgründen gecancelt wurde. Als Ersatz wurde dann eine Kundgebung im Stadion auf dem Gelände der Hebräischen Universität in Givat Ram erlaubt.
Nachdem diese Information die Runde gemacht hatten trafen wir uns um zu besprechen was wir machen, Stadtpläne wurden gewälzt, Telefonnummern ausgetauscht, Situationen durch gesprochen und Bezugsgruppen gebildet.
Schon komisch mich erinnerte dieses ganze Prozedere an die Vorbereitungen zu Demos in D-Land,
bloß das es sich hier nicht um Nazis und Deutschland handelte sonder wir in Jerusalem waren und die Leute die uns bedrohten religiöse Fanatiker waren. Na ja, erst mal ab ins Bett um am nächsten morgen frühzeitig in die Innenstadt zu gelangen um evtl. Blockaden aus dem Weg gehen zu können.
Am Freitag früh ging es dann erst mal zur Central Busstation wo sich mit allen anderen getroffen wurde um von dort gemeinsam den Bus zur Uni zu nehmen. Dies war aber bereits nicht mehr möglich da die Polizei alle Zufahrtsstraßen gesperrt hatten.
Also andere Menschen gefragt wie man da hinkommt und dann durch Hinterhöfe und unendliche Kontrollen der Polizei zum Stadion.
Am Stadion selbst, was sehr abgeschieden von Zentrum liegt, waren relativ wenige DemonstantInnen dafür aber umso mehr Polizei und JournalistInnen. Diese stürzten sich dann auch gleich auf uns.
Nach einiger Zeit füllte sich dann auch das Stadion mit ca. 3000 Menschen, die Veranstalter selbst sprechen von 10000 Menschen was ich für absolut übertrieben halte.
Die Stimmung war sehr durchwachsen zwar feierten alle sehr ausgelassen aber man spürte auch sehr den Frust darüber das die Veranstaltung weit außerhalb der Stadt in einen Stadion stattfinden muss. Kurz nach Beginn der Kundgebung kam es dann zu einem Zwischenfall. Ein Mann versuchte die Bühne zu stürmen und homophobe Slogans zu rufen. Er wurde durch die Polizei aufgehalten und vom Gelände entfernt.
Danach passierte im Stadion selbst nix mehr.



Es gab dann verschiedene Show einlagen, 2 Bands spielten und es wurden einige Reden gehalten ich verstand nicht allzu viel deshalb hier ein geklautes Zitat von ner Knesset-Abgeordneten Sehava Gal-On von der linksgerichteten Meretz-Partei.

Diese beglückwünschte in einer Ansprache die Verantwortlichen zu der Kundgebung. Sie lobte ihre "Weisheit und den Mut und die Weise, in der der Kampf um Gleichheit, Redefreiheit und Demokratie geführt wurde". Für die kommenden Jahre kündigte sie wieder Paraden an: "Wir haben diesen Kampf gewonnen; wir werden 2007 und 2008 marschieren."

Es sprachen auch einige PolitikerInnen aus Europa und einige AktivistInnen von NGO`s u.a. auch aus den palästinensischen Gebieten.
Zur der selben Zeit gab es in der Innenstadt noch den Versuch von ca. 50 AnarchistInnen spontan eine Demostration in Jerusalem durchzuführen. Dabei wurden etwa 30 Aktivisten festgenommen. Auch fünf Gegendemonstranten nahm die Polizei fest. Sie waren mit Schlagstöcken, Messern und einer Pistole bewaffnet. Insgesamt waren 3.000 Polizisten im Einsatz, um die Versammlung zu sichern. Jerusalems Polizeikommandeur Ilan Franco zog laut eine Medienberichten eine positive Bilanz: "Die Polizei und die Bewohner Jerusalems haben ein wichtiges Kapitel abgeschlossen. Jetzt sind die Ruhe und die Vernunft !!! zurückgekehrt, die Jerusalem so dringend benötigt."

Für mich war es wichtig dahin zu gehen auch wenn ich die Veranstaltung selbst sehr zweigespalten sehe.
Es waren sehr wenig Menschen da, was sich dadurch erklären lässt das es eine riesige Angst,bei potentiellen TelnehmerInnen,vor Angriffen gab und viele deshalb eher weg blieben. Auch einen Gay Pride in einen Stadion weit außerhalb der Stadt zu machen ist nicht sehr glücklich. Anderseits, denk ich, war es sehr wichtig die Kundgebung nicht abzusagen da die Ereignisse zu einer riesigen Diskussion in der israelischen Gesellschaft geführt haben die meines Erachtens eher nicht zu Gunsten der religiösen Fanatiker ausgegangen ist und es auch ein Zeichen war das man sich nicht gänzlich vor der Gewalt versteckt.

2 Comments:

Anonymous Anonymous said...

hi du,
ich find die berichte über die gay pride echt mega interessant. in der vorletzten jungle world war auch ein ganz guter bericht dazu, der aber schon fast angedeutet hatte das die demonstration verboten werden würde. sehr sehr schade das es wirklich so gekommen ist. im vorfeld vom csd in deutschland gab es auch ganz gute interviews, die aber als aktuellen bezug die situation um rene/warschau reflektiert haben. da ging es darum, das der csd in deutschland eher ne riesen hedonistische party ist (was ja auch nicht verwerflich ist), die aber auch nicht als selbstverständlich angesehen werden sollte(!). sprich, mensch war sich sehr gewiss, dass sowas auch immernoch erkämpft werden muss. klang alles sehr engagiert.

ciao und liebe grüße aus magdeburg

2:31 AM  
Blogger transponder said...

Hey Steffen, danke für deinen Kommentar! find es auch wichig zu sehen wo und wie diese demonstrationen stattfinden. die organisationen hier haben ausdrücklich dazu bereit erklärt keine ausschweifende party in jerusalem feiern zu wollen (haben also rücksicht nehmen wollen).
na ja, ich denke das grad hier die diskussion wieviel einfluss religöse in israel haben sollen noch sehr spannend sein wird, gerade in jerusalem denn in allen anderen städten wäre diese demo auch kein problem gewesen.
alles liebe und ich warte immer noch sehnsüchtig auf ne mail von dir!

8:42 AM  

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