Sunday, February 11, 2007

Taayush in Hebron ?




„Solang die keine Helme und Knüppel mit dabei haben, steig ich in den Bus….“
T. vor Fahrtantritt


> der Bericht über die Fahrt wird in drei verschiedenen Teilen, auf drei verschiedenen Blog`s erscheinen. Gedanken zu dem Solidaritätsbesuch, bei einer arabischen Familien die von jüdischen Siedler bedrängt werden, wird D. veröffentlichen und T. wird etwas über seinen „Spaziergang“ im arabischen Teil Hebrons, hinter den israelischen Checkpoints, berichten.
Ich für meinen Teil, werde euch von der „Friedensdemonstration“ im Anschluss an die Solidaritätsbesuche erzählen.<

Gedanken nach dem Besuch Hebrons , mit der „Friedensorganisation Taayush“(Ta'ayush ist ein arabisches Wort und bedeutet Koexistenz).

Getrieben von Neugier entschlossen wir uns, T.,D. und ich, an einer Solidaritätsfahrt (zu arabischen Familien, die von jüdischen Siedlern bedrängt werden) nach Hebron, in die wohl konfliktreichste Stadt der Westbank, teilzunehmen.
Hebron (arab. الخليل al-Chalīl, heb. חברון Chewron) ist eine palästinensische Stadt im Westjordanland mit rund 130.000 arabischen EinwohnerInnen und 600 jüdischen SiedlerInnen. Eine in der Nähe gelegene Höhle, Höhle der Patriarchen oder Erzvätergrab genannt, gilt als der Ort, an dem Abraham begraben ist. Diese Höhle gilt für den Islam und das Judentum als heilig, so dass Hebron für beide Religionen sehr bedeutend ist.

Jüdische Siedler und die arabische Bevölkerung Hebrons liefern sich dort seit Jahrzehnten heftige Auseinandersetzungen. Die israelische Armee steht dazwischen und versucht das Schlimmste zu verhindern.
Nach dem Massaker von 1929, in dem 67 Juden getötet wurden und die jüdischen Gemeinde nach Jerusalem floh, kamen erst 1979 wieder Juden nach Hebron. Wobei diese sich schnell radikalisierten und versuchten durch geplante Riots und Besetzungen ihren Anspruch auf ein jüdisches Leben in Hebron durchzusetzen. Einen schrecklichen Höhepunkt fanden diese Auseinandersetzungen im Jahre 1994 als der extremistische Siedler Baruch Goldstein 29 Muslime in der Abraham-Moschee ermordete und Hunderte verletzt wurden.
Soweit einen kleinen Abriss zu der Geschichte der Auseinandersetzungen…


Heute sieht es in Hebron (ich mein damit den Teil Hebrons, in dem jüdische Siedler versuchen arabische Familien durch Angriffe und Schikanen zum wegziehen zu bewegen) teilweise aus wie in einer Geisterstadt. Die Geschäfte sind geschlossen, Häuser verbarrikadiert, ganze Straßen für die Öffentlichkeit gesperrt und an allen Ecken Militär und Checkpoints.
Genau darum sollte es bei der Demonstration auch gehen.
Mit zwei Reisebusen, einer aus Jerusalem, einer aus Tel Aviv, kamen die DemonstrantInnen in Hebron an. Später traf man sich mit den Söhnen Abrahams, einer arabischen Friedensorganisation. Insgesamt so etwa fünfzig Israelis, dreißig englischsprachige Ausländer und vielleicht zwölf „Söhne Abrahams“ versammelten sich zum gemeinsamen Protest.
Die Forderung der DemonstrantInnen war, dass die größte und belebteste Straße Hebrons, die Shudaha Street, wieder für die arabische Bevölkerung geöffnet werden soll. Die Straße wurde nach Ausschreitungen von Siedlern von der israelischen Armee gesperrt, Geschäfte geschlossen und die Türen der Häuser, zur Straße hin, versiegelt. Dadurch wurde vielen arabischen Familien die Lebensgrundlage entnommen. Teilweise sind sie darauf angewiesen, weite Strecken zu gehen um die Nachbarn auf der anderen Straßenseite zu besuchen. Die gestellte Forderungen nach Neuöffnung der Straße, scheint vernünftig, würde allerdings Mord und Totschlag bedeuteten. JedeR kann sich bei der Geschichte Hebrons und den gegenseitigen alltäglichen Anfeindungen ausmalen, was passieren würde, wenn diese Straße wieder geöffnet würde.

Es blieb leider aber nicht nur bei dieser Forderung….
Die DemonstrantInnen waren, meines Erachtens, durch den Besuch bei den arabischen Familien emotional sehr aufgeladen. Von der vorher geforderten arabisch-jüdischen Koexistenz war bei der eigentlichen Demonstration danach nicht mehr viel zu spüren.
Die emotional aufgeladenen DemonstrantInnen starteten von null auf hundert, so wurden Siedler verbal angegriffen, ihre Autos blockiert, die vorher noch ohne Probleme passieren konnten und widerliche Parolen skandiert:

Six, Seven, Eight …Israel is a facist state



Auf Transparenten wurde die Beendigung der Besetzung, der „Apartheid“, des Siedlungsbaus und die Befreiung Palästinas gefordert.
Also, wie so oft auf solchen Demos, alles in einen Topf geschmissen und Israel für alles böse auf der Welt (oder auch „nur“ in den Palästinensergebieten) verantwortlich gemacht.
So wird dann ganz schnell aus einer Solidaritätsfahrt zu arabischen Familien und der Forderung, eine Straße für diese zu öffnen, ein antizionistischer Kampftag!


Zum Glück wurde die Demonstration schon nach 500 Metern von der Polizei gestoppt, bevor sie näher an die Häuser der Siedler gekommen wäre, alle mussten in einen Bus steigen, um aus der Stadt zu fahren.
Im Bus wurde die Demo als voller Erfolg gefeiert, da auf der Hinfahrt eher damit gerechnet wurde, dass diese, wegen der angespannten Situation in Hebron durch die Proteste gegen die Bauarbeiten am Tempelberg, nicht durchgeführt werden kann.
Wir für unseren Teil hatten eher ein flaues Gefühl im Magen. Um nicht zu sagen ich hätte gar nicht soviel essen können wie ich hätte kotzen können.
Dieses ganze Friedensgelaber, Koexistenzgerede ist nichts als verlogener Mist.
Wer das Ende der jüdischen Siedlungen, den Abzug der israelischen Armee in Hebron fordert, nimmt damit in Kauf, dass es kein jüdisches Leben mehr in Hebron geben wird und damit die Pogrome 1929 doch noch zu ihrem Ziel kommen. Die jüdischen Siedler in Hebron sind extremistische Arschlöcher und müssen von der israelischen Armee und der Regierung in Schach gehalten werden! Aber kein Koexistenz-Peacenik-Gebrabbel wird daran nur eine Änderung bewirken! Schon gar nicht wenn Mensch die Menschen dort in Böse (Siedler ,Armee) und in Gute (arabische Bevölkerung) einteilt. Die Situation dort ist so verfahren, dass es noch Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, brauchen wird um ein Miteinander erreichen zu können. Solange sind Armeepräsenz und Straßensperren notwendig und richtig.



Einige deutschsprachige Artikel zur Taayush:
Die Zeit vom 06.04.2006
Und zweimal die jungel world, Interview von 2001 und ein Bericht von 2002
mehr Fotos vom Ausflug gibt es hier

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